Kirchenchor
Jeden Montag um 19:45 Uhr im Löhesaal.
"Gloria sei dir gesungen..."
90 Jahre Reichelsdorfer Kirchenchor.
Grenzt es nicht an ein kleines Wunder? 1926 kam Reichelsdorf zu einer Glocke, "ersungen" vom erst drei Jahre vorher gegründeten Kirchenchor, "ersungen" in Konzerten am Ort und in den Nachbargemeinden sowie durch kleine Theateraufführungen. Und das im Laufe von drei Jahren! Davon zeugt auch stolz die eingravierte Widmung:
"Vom Kirchenchor ward ich ersungen.
Jetzt sing ich selbst mit ehr´nen Zungen
der Stifter Lied: Das Lob des Herrn."
Die Glocke hing dann in der 1927 erbauten Notkirche bis zum Kirchenneubau 1964 und fand schließlich ihren Platz in einer Gemeinde in Afrika. - Doch zurück zu den Anfängen!
Am 13. September 1923 lud der damalige Hilfsgeistliche Hermann Ackermann zur Gründung eines Chores ein, und seinem Rufe folgten 9 Damen und 6 Herren, darunter Herr Ackermann selbst und als Chorleiter Lehrer Distler.
"Gloria sei dir gesungen...". Mit dieser Choralstrophe setzt die Chronik ein als gewichtiges Motto für die 15 Gründungsmitglieder sowie folgender Generationen von Sängerinnen und Sängern samt ihrer Dirigenten. Und dieser Leitsatz gilt bis heute.
Über gewisse Anfangsschwierigkeiten weiß der Chronist Ludwig Weck zu berichten. Nach offenbar erfolgreichem Singen im ersten Gottesdienst, dem Erntedankfest am 30. September 1923 ist über den Auftritt am Reformationsfest vier Wochen später zu lesen: "... leider ging die Sache so - ich schreibe es vorsichtig -, dass nicht nur die Sänger, sondern noch mehr die Zuhörer froh waren, als die letzten Misstöne verklangen." Es handelte sich dabei um den schönen Bachchoral "Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort". Doch der Chor ließ sich nicht entmutigen und trainierte eifrig weiter, was sich sowohl in der Quantität als auch in der Qualität der Auftritte zeigte. Man sang nicht nur im Gottesdienst, sondern gestaltete auch Gemeindeabende mit Kammermusik und Volksliedern.
Nach der dienstlichen Versetzung von Lehrer Distler übernahmen 1925 der Theologiestudent Ludwig Weck und zwei Jahre später Lehrer Dürnhöfer die Leitung des Chores. In diesen Nachkriegsjahren entstand trotz Inflation und anderer Schwierigkeiten ein äußerst reges kulturelles Leben in der Gemeinde.
1934 trat der junge Rummelsberger Diakon Hans Grau seinen Dienst an. Mit Ausnahme der Kriegsjahre 1940-1945, in denen er eingezogen war und von Pfarrer Arold vertreten wurde, gestaltete er bis zu seinem Weggang 1950 mit viel Geschick und Tatkraft das kirchenmusikalische Geschehen in Reichelsdorf.
Als der Chor 1948 sein 25-jähriges Bestehen feierte, können wir mit viel Bewunderung und etwas Neid der Chronik entnehmen, dass zeitweise bis zu 70 Sängerinnen und Sänger aktiv dabei waren!
Im Jahr 1952 übernahm Walter Deindörfer als neuer Gemeindediakon auch die Leitung der gesamten Kirchenmusik. In den 20 Jahren seiner Tätigkeit setzte er neben der Pflege älterer Musik neue Schwerpunkte durch die Aufführung von Werken zeitgenössischer Komponisten wie etwa H. Distler oder E. Pepping. Ein besonderer Verdienst bestand in der Gründung der ökumenischen "Reichelsdorfer Abendmusiken". Zusammen mit dem Chor der kath. Nachbargemeinde Hl. Familie wurden anspruchsvolle Konzertprogramme einstudiert und aufgeführt. Bis heute bilden die Ökumenischen Konzerte einen wichtigen Bestandteil im musikalischen Leben der Gemeinde.
Nach einer sechsjährigen Übergangszeit, in der Diakon Hans Hermann sowie die Herren Karl Herholz und Ernst Rapke die Geschicke des Chores bestimmten, übernahm 1979 Ludwig Frank, damals Musiklehrer an der Nürnberger Wilhelm-Löhe-Schule, die Chorleitung. Seit dieser Zeit, so berichtet der Chronist Werner Molitor, erlebte der Philippus-Chor einen neuen künstlerischen Aufschwung. Zur besseren Konzertvorbereitung wurden jährlich Probenwochenenden in den Tagungsstätten am Hesselberg, in Pappenheim, Alexandersbad, Sulzbürg oder Wildbad-Rothenburg durchgeführt. Dass dabei neben intensiven Übens die Geselligkeit nicht zu kurz kam, versteht sich von selbst. Neben der Fortführung der Ökumenischen Konzerte zusammen mit den Leitern Kurt Witt und Johannes Kellenter traten meist einmal im Jahr kirchenmusikalische Gottesdienste mit Bach-Kantaten oder Teilen aus Oratorien und Passionen hinzu.
Besonders gerne erinnern wir uns jedoch an die mehr als zehn Jahre währende Zusammenarbeit mit der Kantorei der Dreieinigkeitskirche Nbg.- Gostenhof unter ihrem charismatischen, temperamentvollen Dirigenten KMD Helmut Walz, liebevoll genannt "Orgel-Walz". Nicht ohne Stolz kann der Chor auf gelungene Aufführungen großer Werke der Kirchenmusik zurückblicken: "Die Geburt Christi" von H. von Herzogenberg (1989), J.S. Bachs "Weihnachtsoratorium" (1991), Motetten von Bach und F. Mendelssohn-Bartholdy (1992), G. F. Händels Oratorium "Der Messias" (1995) oder das "Stabat Mater" von J. Haydn (1997).
Wegen zunehmender beruflicher Aufgaben gab Ludwig Frank nach 21 Jahren das Amt des Chorleiters im Februar 2000 an Julius Naumann ab, Bratschist bei den Nürnberger Symphonikern. Wir freuen uns, mit ihm wieder einen kompetenten Berufsmusiker gefunden zu haben, der mit viel Energie die Chortradition fortführt und neue Impulse setzt. Mit seinen Berufskollegen stehen nun dem Chor äußerst versierte Musiker und Musikerinnen zur Verfügung und geben vielen Aufführungen besonderen Glanz. Herrn Naumann gelang es vor allem, neue Chormitglieder zu werben und zusammen mit den Chorleitern des kath. Kirchenchors Johannes Kellenter und dessen Nachfolger Lukas Gehring die Ökumenischen Konzerte wieder häufiger durchzuführen.
Ein besonderes Erlebnis war für viele Chormitglieder die Teilnahme an den Landes-Chortagen 2002 in Rothenburg/o.d.T. und 2012 in Nördlingen. Hier konnten neue musikalische Erfahrungen gesammelt und manch persönliche Kontakte geknüpft werden.
Noch in bester Erinnerung ist uns natürlich das etwas vorgezogene Jubiläumskonzert im Rahmen des Sonntags Kantate am 28. April diesen Jahres. Wir konnten unter Beteiligung des kath. Kirchenchors, guter Solisten und Instrumentalisten W.A. Mozarts C-Dur Messe aufführen. Den Solopart an der Orgel übernahm in bewährter Weise Johannes Kellenter, und Julius Naumann agierte in Doppelfunktion als Solo-Bassist und Dirigent - eine echte Herausforderung! In einfühlsamer Weise bezog Herr Pfr. Ponkratz die Teile der Mozart- Messe mit in die Liturgie ein und trug auch mit seiner Predigt zum Gelingen eines besonderen, festlichen Gottesdienstes bei. Das eigentliche Chorjubiläum wird am Erntedanksonntag, dem 6. Oktober, um 10.00 Uhr im "Gottesdienst für alle Generationen" begangen. Wir freuen uns auf Ihr Kommen!
Natürlich braucht unser Philippus-Chor weiterhin dringend Unterstützung und Verjüngung. Es ist heute keine Selbstverständlichkeit, dass Menschen bereit sind, einen Teil ihrer Freizeit zu opfern für die wöchentlichen Proben, das sonntägliche Liturgiesingen und die Gestaltung der hohen Festtage sowie der Konzerte. In einer 90jährigen Geschichte gibt es auch immer wieder einmal Momente des Frusts und der Enttäuschung. Das sei hier nicht verschwiegen. Doch dafür sind die Erfolge und die Anerkennung durch die Pfarrer und die Anteilnahme der Gemeindemitglieder umso erfreulicher. Wir laden herzlich ein zum Mitsingen!
Zuletzt gilt unser Dank allen Chormitgliedern und ihrem Chorleiter Herrn Naumann sowie all denen, die zu einer gelingenden Chorarbeit mit Rat und Tat beitragen wie dem Chronisten Herrn Maxwitat und dem Obmann Herrn Frank.
Wir wünschen uns, dass der Chor in zehn Jahren sein 100-jähriges Jubiläum feiern und weiterhin mit Herz und Seele seinem Leitsatz folgend singen kann:
"Gloria sei dir gesungen..."
Im Namen des Kirchenchors
Ludwig Frank