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Interview zum 25-jährigen Jubiläum des Gemeindevereins Mai 2011 in der Beilage der Nürnberger Nachrichten 

Seit 25 Jahren fördert der evangelische Gemeindeverein Nürnberg Reichelsdorf Arbeitsplätze in der Philippusgemeinde und bietet damit Langzeitarbeitlosen eine Chance. Vorsitzende Magdalena Frank (64) zieht eine positive Bilanz. 

Frau Frank, warum engagiert sich ein Gemeindeverein für Langzeitarbeitslose? Ist das nicht Aufgabe des Staates?

Magdalena Frank: Es ist sicher auch Aufgabe des Staates. Aber eine Kirchengemeinde kann nicht nur predigen, sondern muss auch aktiv werden. Mich persönlich macht es oft zornig, dass in einem so reichen Land wie Deutschland viele Menschen an den Rand der Gesellschaft gestellt werden und am Arbeitsmarkt keine Chance bekommen.

Was gab damals den Ausschlag, den Verein ins Leben zu rufen?

Frank: In den 80er Jahren stieg die Zahl der Arbeitslosen zum ersten Mal über eine Million. Das war neu und hat alle schockiert. ‚Muss eine christliche Gemeinde hier nicht etwas tun, um Menschen zu helfen, die in eine Notlage geraten sind, aus der sie nicht so ohne weiteres wieder herauskommen?’ Diese Frage hat sich auch unser damaliger Pfarrer Dr.Friedrich Rießbeck gestellt und daraufhin den Verein gegründet.

Wie viele Menschen konnten Sie seitdem in Arbeit bringen?

Frank: Insgesamt waren es neun Personen. Der Verein hat ja den Zweck, kirchliche und soziale Aufgaben in unserer Kirchengemeinde zu fördern. Die halbe Stelle unseres Hausmeister trägt zum Beispiel der Verein, wir bezuschussen die Arbeit der Mesnerin. Es wurden aber auch über mehrere Jahre hinweg Arbeitsstunden im Bereich der Jugendarbeit gefördert. 

Es geht Ihnen dabei sicher nicht nur um finanzielle Hilfen. Wie wichtig ist der soziale Aspekt?

Frank: Die Menschen, die durch uns Arbeit gefunden haben, waren alle sehr, sehr froh, dass sie wieder gebraucht werden. Einzelne konnten wir bis zur Rente beschäftigen, manchen haben wir dabei geholfen, wieder im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Quasi eine andere Art der Seelsorge, die Sie leisten?

Frank: Das könnte man so sagen. Wichtig ist uns dabei, keine Almosen zu verteilen, sondern dass es dabei um ein Geben und Nehmen geht.

Auch die Kirche muss sparen. Sind inzwischen auch die eigenen Arbeitsplätze in der Gemeinde in Gefahr?

Frank: Ja, in den letzten Jahren gibt es von der Landeskirche Kürzungen im Personalbereich und wir müssen immer wieder Arbeitstunden reduzieren. Es ist so, wenn jemand aufhört  besteht die Gefahr, dass die Stelle vielleicht halbiert wird. Mittlerweile kümmert sich der Verein daher auch darum, die Arbeitsplätze innerhalb der Gemeinde zu erhalten.

Wie finanziert sich der Verein?

Frank: Hauptsächlich durch die Mitgliedsbeiträge und Spenden. Eine schöne Aktion ist eine Kammermusikreihe, bei der wir mitarbeiten. Der Reinerlös solcher Veranstaltungen geht an den Verein. In den letzten 25 Jahren haben wir 212.00 Euro zum Erhalt von Arbeitsplätzen aufgebracht.

Das Thema Arbeitslosigkeit ist heute aktueller denn je. Welche Chancen sehen Sie für den Verein in Zukunft?

Frank: Es wird immer Menschen geben, die am Rand der Arbeitswelt stehen, auch die Gemeinden werden in Zukunft durch die Spaßmaßnahmen mehr gezwungen sein, selbst etwas für sich zu tun. Vielleicht bräuchten mehr Gemeinden solche Vereine wie unseren? Ich würde mir wünschen, dass wir noch stärker in der Gemeinde verankert sind, dass jedes Gemeindemitglied auch automatisch Mitglied bei uns wird. So könnte man viel erreichen. 

Interview: Manuela Prill